Warum Open­verse in Word­Press (noch) keine gute Idee ist

Im Zuge der Veröf­fent­li­chung von Word­Press 6.2 („Dolphy“) im März 2023 wurde ein neues Feature vorge­stellt: Die Inte­gra­tion von Open­verse in den Block-Editor. Damit soll es den Word­Press-Anwen­dern künftig möglich sein, schnell und einfach Zugriff auf derzeit rund 700 Millionen kosten­losen und frei nutz­baren Medien zu erlangen.

Aus Sicht eines Anwen­ders klingt das zunächst einmal absolut phan­tas­tisch. Doch es heißt ja nicht ohne Grund: „Wo Licht, ist auch Schatten“. Und so gilt es auch beim Gebrauch von Open­verse einige Dinge zu wissen und zu beachten. Aber ganz der Reihe nach.

Was ist das eigent­lich, dieses Open­verse?

Auf den Punkt gebracht handelt es sich bei Open­verse um eine Such­ma­schine, die in der Lage ist verschie­denste Quellen – aktuell: 50 (Stand Juni 2023) – nach frei lizen­zierten (und damit verfüg­baren) Medien zu durch­su­chen. Erreichbar ist die Such­ma­schine unter der Webadresse openverse.org.

Die Ursprünge der Such­ma­schine gehen zurück auf ein Projekt der Non-Profit-Orga­ni­sa­tion Crea­tive Commons. Unter dem Namen CC Search wurde 2017 ein erster Prototyp vorge­stellt und nach einer längeren Beta-Phase erfolgte im April 2019 die Erst­ver­öf­fent­li­chung. Infolge einer Stra­te­gie­än­de­rung wurde die weitere Entwick­lung des Projekts jedoch Ende 2020 von Crea­tive Commons einge­stellt. 2021 erfolgt sodann die Über­nahme durch die Word­Press Foun­da­tion.

Bereits auf der State of the Word 2021 präsen­tierte Matt Mull­enweg eine deut­lich über­ar­bei­tete Version der Such­ma­schine. Im Rahmen dieser Keynote wurde auch demons­triert, wie Such­ergeb­nisse mittels Drag’n’Drop in eine Word­Press-Instal­la­tion über­tragen wurden. In der Veran­stal­tung des Folge­jahres wurde sodann eine – wenn­gleich noch unvoll­stän­dige – Einbet­tung von Open­verse in den Word­Press-Kern ange­deutet. Mit der Vorstel­lung von Word­Press 6.2 wurde diese zu einem offzi­ellen Bestand­teil von Word­Press.

Unter­schiede in der Imple­men­tie­rung und in den Ergeb­nissen

Wer in Word­Press den Zugang zu Open­verse sucht, muss hierzu den Block-Editor bemühen. Andere denk­bare Wege, wie zum Beispiel der Gang über die Media­thek (engl. „media library“), sind gegen­wärtig nicht vorge­sehen. Damit profi­tieren derzeit nur Nutzer von hybriden oder voll­stän­digen Block-Themes von der neuen Such­funk­tion; Nutzer von klas­si­schen Themes ohne Guten­berg-Unter­stüt­zung gehen hingegen leer aus.

Im Block-Editor gilt es zunächst den Block-Inserter zu öffnen. Dort findet sich in der Tab-Liste ein Reiter mit der Bezeich­nung „Medien“. Nach einem Klick hierauf erscheint eine Auflis­tung von verfüg­baren Medi­en­typen bzw. Medi­en­quellen. Nach einem weiteren Klick (!) auf den Listen­ein­trag „Open­verse“ erfährt der Inserter dann eine Erwei­te­rung um einen schmuck­losen Such­be­reich.

Zur weiteren Demons­tra­tion habe ich in das Such­feld einmal den Begriff „Katze“ einge­geben. Als Ergebnis wurden mit rund 20 Bilder (siehe Abbil­dung) mit mehr oder weniger Bezug zum Such­be­griff ange­zeigt. Das Foto einer Samt­pfote, was man jetzt an dieser Stelle viel­leicht erwarten könnte, war leider nicht dabei – ein Katzen­blog ließe sich damit schon einmal nicht bestü­cken.

Ein solches Ergebnis wirkt auf dem ersten Blick ernüch­ternd und steht irgendwie auch in keinem Verhältnis zu den mehr 700 Millionen krea­tiven Werken, die angeb­lich via Open­verse zugäng­lich sein sollen. In so einem Bestand müsste es doch sicher mehr als nur 20 Katzen­sil­hou­etten geben?

Diese Diskre­panz erfährt ihre Bestä­ti­gung bei einer Gegen­probe – der Wieder­ho­lung der Suche direkt auf der Home­page von Open­verse: Die Eingabe des Such­be­griffs „Katze“ führt hier gleich zu dem erwar­teten Ergebnis, das heißt zu einer Schar an wunder­baren Katzen­fotos. Das sich unter den Ergeb­nissen auch einige falsch­po­si­tive Bilder wieder­finden lassen – zum Beispiel von einem Restau­rant oder von Personen namens Katz – ist vermut­lich dem Umstand geschuldet, dass die an dieser Stelle imple­men­tierte Suche nicht auf exakte Über­ein­stim­mung der Begriffe prüft. Nichts­des­to­trotz: Der Katzen­blog wäre erst einmal gerettet.

Wieso die beiden Such­vor­gänge zu derart unter­schied­li­chen Ergeb­nissen führen, bleibt jedoch rätsel­haft. So lässt sich das Ergebnis der Word­Press-Suche auf der Open­verse-Seite trotz der zur Verfü­gung stehenden Filter­mög­lich­keiten nicht exakt nach­bilden. Eine größere Annä­he­rung konnte nur bei einer Einschrän­kung der Suche auf wenige Medi­en­quellen (hier: Rawpixel, SVG SILH) erreicht werden.

Wer im Übrigen das obige Such­bei­spiel bei sich nach­ge­spielt, wird bei dem Versuch eines der Such­ergeb­nisse in Word­Press einzu­fügen auf ein weiteres Problem stoßen: Denn bei einigen – bei unserer Beispiel­suche mit dem Begriff „Katze“ sogar bei fast allen – Bildern kann es vorkommen, dass statt dem gewünschten Bild folgender Hinweis­dialog erscheint:

Dieser weist darauf hin, dass eine Über­tra­gung des ausge­wählten Bildes in die eigene Media­thek nicht möglich ist. Jedoch ließe sich das gewünschte Medium als soge­nanntes externes Bild einfügen. Ein solches Hotlin­king birgt jedoch das Risiko, dass bei einem Wegfall der verlinkten URL – sei es aus tech­ni­schen Gründen oder weil der Anbieter die Frei­gabe des Mediums zurück­ge­nommen hat – das Bild dann nicht mehr zur Verfü­gung stehen würde. Und theo­re­tisch ist es auch nicht undenkbar, dass sich der Inhalt hinter dem Link ändert.

Wer dieses Risiko nicht eingehen will, dem bleibt jeden­falls nur die probe­weise Einbin­dung in die Media­thek – auf einen anderem Wege lässt sich ein externes Bild gegen­wärtig nicht iden­ti­fi­zieren; die Such­ergeb­nis­liste schweigt sich jeden­falls hierzu aus. Auch ist es nicht möglich, externe Bilder grund­sätz­lich von der Suche auszu­schließen (zu filtern).

Fehlende Bild­rech­te­ver­wal­tung als Erschwernis

Es wäre viel­leicht besser gewesen, wenn noch vor der Inter­gra­tion von Open­verse eine Reno­vie­rung der Media­thek erfolgt wäre. Denn diese dümpelt schon seit Längerem so vor sich hin und erfährt aus meiner Sicht nicht die notwen­dige Aufmerk­sam­keit seitens der Word­Press-Entwickler, die ihr aufgrund ihrer Bedeu­tung eigent­lich zustünde.

Zwar wurden noch vor einigen Jahren verschie­dene rudi­men­täre Werk­zeuge zum Bear­beiten von Bildern hinzu­ge­fügt. Jedoch mangelt es an so elemen­tare Funk­tionen wie beispiels­weise zum nach­träg­li­chen Austausch von Medien oder zur Rege­ne­rie­rung der Vorschau­bilder stan­dard­mäßig bis heute. Diese müssen dann mittels – mehr oder weniger gut funk­tio­nie­renden – Plugins nach­ge­rüstet werden.

Noch mehr ins Gewicht fällt meines Erach­tens jedoch das völlige Fehlen einer zumin­dest rudi­men­tären Bild­rech­te­ver­wal­tung. Das mag viel­leicht auf einem Fami­li­en­blog oder dem persön­li­chen Onepager nicht so sehr ins Gewicht fallen – bei einer Medi­en­seite mit mehr als tausend Bildern aus den unter­schied­lichsten Quellen, bei der es um die Einhal­tung verschie­denster Lizen­be­din­gungen geht, sieht die Sache schon ganz anders aus!

Gerade wenn – wie von Matt Mull­enweg in seiner State of the Word 2022 ange­deutet – es in Zukunft möglich sein soll direkt aus Word­Press heraus Medien für Open­verse zur Verfü­gung zu stellen, fehlt es bis heute noch an einer einfa­chen Möglich­keit die eigenen Media-Uploads wirksam mit Crea­tive-Commons-Lizenzen zu versehen. Hieran müsste meines Erach­tens zuvor­derst gear­beitet werden. Dies insbe­son­dere auch schon deshalb, da die verschie­denen Crea­tive-Commons-Lizenzen auch unter­schied­liche Nutzungs­rechte vorsehen.

Nutzung auf eigene Gefahr

Bei so vielen Unwäg­bar­keiten stellt sich schon die Frage nach dem Sinn und den Nutzen der ganzen Imple­men­tie­rung. Wer regel­mäßig auf der Suche nach Bild­ma­te­rial für seine Seite ist, wird – zumin­dest beim derzei­tigen Stand – höchst­wahr­schein­lich hierzu direkt die Open­verse-Webseite bemühen. Die größere Zahl und bessere Qualität der Such­ergeb­nisse, die zahl­rei­chen Filter­mög­lich­keiten und vieles mehr spre­chen jeden­falls für den Besuch der Webseite und gegen die Nutzung der Word­Press-eigenen Imple­men­tie­rung.

Hinzu­kommt: Eine Verbes­se­rung wird es mit der kommenden Version von Word­Press nicht geben: Der Blick in die Beta 4 von Word­Press 6.3 offen­bart jeden­falls keine dies­be­züg­li­chen Neue­rungen oder Ände­rungen.

Kein origi­näres Problem von Open­verse in Word­Press, jedoch grund­sätz­lich von Open­verse, ist die Haftung bei even­tu­ellen Urhe­ber­rechts­ver­let­zung. So findet sich auf der Seite „Über Open­verse“ folgender Hinweis:

Mit anderen Worten: Die letzt­end­liche Verant­wor­tung liegt beim Nutzer der so ange­bo­tenen Medien – und damit auch ein mögli­ches Abmahn­ri­siko. Dieses wird bei kura­tierten Kollek­tionen wie denen der Smit­h­so­nian Insti­tu­tion wahr­schein­lich gering ausfallen.

Bei Samm­lungen wie beispiels­weise solche von Stocksnap.io, Rawpixel und Co. sieht es hingegen schon etwas anders aus. Hier kann es vorkommen, dass ein und das gleiche Bild­motiv auch auf anderen Platt­formen hoch­ge­laden wurde, die wiederum über abwei­chende Lizenzen verfügen. Zwangs­läufig muss der Uploader auch nicht der Urheber sein.

Zum Beispiel lässt sich ein auf Peakpx (CC0) zufällig ausge­suchtes Bild­motiv – ein süßer Lang­haar-Dackel – auch auf Pixabay (Pixabay-Inhalts­li­zenz), Pexels (Pexels-Lizenz), pxfuel (Lizenz unbe­kannt), PickPik (Lizenz unbe­kannt) sowie Wall­pa­per­flare (Lizenz unbe­kannt) nach­weisen.

Deshalb sollte man immer im Hinter­kopf behalten, dass die Nutzung auf eigene Gefahr geschieht. Im Zwei­fels­fall sollte eine Rück­wärts­suche durch­ge­führt werden, um die Bild­quelle abzu­glei­chen.