Wissen Sie noch, wann Ihr erstes Mal stattfand? Keine Sorge – ich meine natürlich nicht jenes „erste Mal“, dass Ihnen beim Lesen dieser Zeilen mit großer Wahrscheinlichkeit zuallererst in den Sinn gekommen ist. Nein, mir geht es vielmehr um den Moment, als Sie erstmalig mit einem Computer in Berührung gekommen sind.
Zugegeben – in meinem Fall kann ich diesen Zeitpunkt rückblickend gar nicht mehr so ganz genau bestimmen. Es muss sich jedoch so in etwa um das Jahr 1984 zugetragen haben: Zu jener Zeit war die Computerwelt noch eine vollkommen andere – irgendwie einfacher, etwas anarchischer und vor allem randvoll gespickt mit Pioniergeist.
Man muss sich vergegenwärtigen, dass die ersten Personal Computer gerade erst in die Geschäftswelt einzogen und sich langsam daranmachten, die Vorherrschaft der (elektrischen) Schreibmaschine zu brechen. Informatik war an den meisten Schulen noch ein Fremdwort (und die Einrichtung von Computerschulungsräumen ein Traum). Internet in der Form, wie wir es heute kennen, gab es noch nicht. Und im privaten Raum sollte sich eine ganz eigene Klasse von Mikrocomputern ausbreiten, die sogenannten Homecomputer
Auch der Computer, der zu jener Zeit meinen Schreibtisch zierte, war ein solcher: Es war ein Schneider CPC 464. Und jener Rechenmaschine ist dieser Beitrag gewidmet.
Von Amstrad zu Schneider
Der CPC – das Kürzel stand für Colour Personal Computer – wurde ursprünglich von der britischen Firma Amstrad entwickelt. Ausgestattet mit einem 8‑Bit-Hauptprozessor und 64 Kilobyte Hauptspeicher (RAM) – zum Vergleich: das kleinste iPhone 14 hat 128 Gigabyte – wollten die Briten den damals marktbeherrschenden Modellen von Commodore (VC-20, C64) und Sinclair (ZX81, ZX Spectrum) Paroli bieten.
Doch um dieses Ziel zu erreichen brauchte es verlässliche Vertriebsstrukturen – und über diese verfügte Amstrad in Deutschland nicht. Um diesen Wettbewerbsnachteil auszugleichen, kooperierte das Unternehmen deshalb hierzulande mit den Schneider Rundfunkwerken in Türkheim.
Schneider, die bis dahin eher für die Produktion von Unterhaltungselektronik wie zum Beispiel Musikanlagen in Kompaktbauweise bekannt waren, gaben dem Computer sodann nicht nur einen neuen Namen, sondern verpassten ihm sogleich ein „seriöseres“ Aussehen. Das heißt, die ursprünglich bunte Tastatur wurde für den deutschen Markt in einem einheitlichen Grau gehalten.
Die inneren Werte des CPC
Das Herzstück des CPC 464 bildete der 8‑Bit-Mikroprozessor Z80 der Firma Zilog. Aufgrund seiner Binärkompatibilität zum bis dahin weit verbreiteten Intel 8080, konnten die speziell für diesen Chip entwickelten Programme, allen voran das Betriebssystem CP/M, relativ einfach auf Z80-Maschinen portiert werden.
Dem Z80 standen unter anderem ein programmierbarer Soundgenerator (AY‑3–8912 von General Instuments), der seinerzeit in vielen Spielautomaten, Konsolen und Homecomputern eingesetzt wurde, sowie ein Video-Controller (HD 6845 von Motorola) zur Seite. Letzterer erzeugt zusammen mit dem Gate Array (eine Amstrad-Eigenentwicklung) die notwendige Grafik.
Apropos Grafik: Von dieser hatte ich nur bedingt etwas, denn mein Schneider verfügte lediglich über den Grün-Monitor GT64 (der im Übrigen auch als Netzteil für den Rechner diente). Ein Manko, dass den Spaß aber keinen Abbruch tat. Darüber hinaus verfügte der CPC bereits über eine Centronics-Schnittstelle (was seinerzeit durchaus nicht üblich war) zum Anschluss eines Druckers sowie über eine Joystick-Buchse.
Als Massenspeicher diente das integrierte Kassettendeck (das Pendant zur Datasette beim C64). Leider verstellte sich bei meinem Gerät irgendwann eine Schraube am so wichtigen Tonkopf, mit der Folge, dass ich ab dann regelmäßig für eine Nachjustage zum Brillenschraubenzieher greifen musste.
Tippen, tippen, tippen
Die Tür zur Welt der Programmierung wurde sodann mit dem im ROM des CPC integrierten Locomotive BASIC (Version 1.0) aufgestoßen. Dieser gut ausgestattete BASIC-Dialekt bot seinerzeit eine unglaubliche Fülle an Möglichkeiten: So verfügte es bereits von Hause aus über Grafikbefehle, mit denen sich zum Beispiel Linien direkt ausgeben ließen. Das klingt aus heutiger Sicht nach nicht viel. Doch handelt es sich dabei um ein Feature, das dem BASIC V2 des seinerzeit in Konkurrenz stehenden (und erfolgreicheren) Commodore C64 fehlte.
Beste Voraussetzungen also, um sich selbst die Programmierkunst beizubringen. Neben dem puren Ausprobieren gehörte zum Lernprozess auch das regelmäßige Abtippen, Ausprobieren und Modifizieren von sogenannten Listings – Programmausdrucke mit zum Teil Hunderten Codezeilen, die gerne auch mal über mehrere Seiten gingen. Diese stammten entweder aus (inzwischen längst vergangenen) Zeitschriftentiteln, wie beispielsweise der Happy Computer. Oder aus den Büchern des Data Becker-Verlages – die mit den rot-weiß-karierten Titelbildern – von denen ich so einige besaß und die stets griffbereit neben dem Computer lagen.
Irgendwann kam dann der Punkt, wo sich auch die Möglichkeiten des Locomotive BASIC erschöpften. Zum Beispiel wenn nah an der Hardware programmiert wurde, um noch das letzte Quäntchen Leistung aus dem CPC zu holen. So machte auch ich Erfahrung mit Assembler, Mnemonics und hexadezimalen Opcodes.
All good things…
Zu dem Zeitpunkt hatte mich das Virus „Programmierung“ bereits vollständig erfasst und seitdem nicht mehr losgelassen.
So wurde zum Beispiel später das Interesse an dem Erlernen einer ersten Hochsprache (Pascal) geweckt. Doch dieses Kapitel sollte dann auf einem anderen Computer geschrieben werden. Denn da war das Ende der Homecomputer-Ära – und damit auch die meines Schneiders – bereits vorgezeichnet. Irgendwann wurde dieser von einem Personal Computer ersetzt.
Leider habe ich keinerlei Erinnerung an den weiteren Verbleib meines CPC. Jedoch hoffe ich, dass diejenige oder derjenige, der ihn erhalten hat, genauso viel Spaß daran hatte wie ich. Ich zumindest denke gerne an meinen „Ersten“ zurück.